Unsere Rede bei der Stadtvertretung am 27.10.
Grund für die Entstehung unserer Initiative war das Vorhaben, mehr Räume für Jugendliche in Bargteheide zu schaffen. Denn dies wollten wir nicht länger den kommunalen Politiker*Innen alleine überlassen, sondern in Zusammenarbeit Konzepte kreieren und in der Stadt etablieren. Konkret haben wir ein bestimmtes Gebäude im Fokus, welches all unseren Zielen für ein geplantes soziales Jugendkulturzentrum gerecht werden würde:
Die Villa Wacker.
Dieses Gebäude mit der Adresse „An den Stücken 49“ wurde am 07.10 durch uns besetzt.
Ein ganz schön abruptes und überzogenes Vorgehen, könnte man meinen. Doch warum ein solcher Schritt nötig war, und was wir nun von der Politik fordern,
möchten wir auch hier kurz erklären.
Der verzweifelte Kampf um Jugendräume sowie die Missachtung jugendlicher Wünsche haben in Bargteheide eine lange Tradition. Nach nur kurzer Recherche kommt man unweigerlich zur Erkenntnis, dass die Kommunalpolitik die örtliche Jugend nicht erst seit wenigen Jahren, sondern seit mehr als vier Jahrzehnten strukturell und konsequent vergisst. So war unsere am 07.10. durchgeführte Demonstration durch die Innenstadt, gewiss nicht die erste, welche mehr Jugendräume forderte. Schon in den 90er und 2000er Jahren gab es Demonstrationen und Aufrufe mit selbigen Postulaten.
Ab Ende 2021 bemühten wir uns dann, wie uns in der Schule gelehrt, den demokratischen Weg zu beschreiten und mit unserer Stimme unser Ziel zu erreichen. Freundlichst wurden wir von jeglichen Politiker*Innen begrüßt. Man schien von diesem jugendlichen Engagement begeistert. So zogen wir in Ausschüsse, gingen zu Wahlkampf-Veranstaltungen, beteiligten uns im Bürgermeisterinnen-Duell, stellten uns diversen Parteien und Beiräten vor und empfingen immer wieder freundliche Worte, Hände schütteln und leere Zusagen bezüglich unseres Konzeptes eines sozialen Jugend Kulturzentrums. Doch neben leeren Lippenbekenntnissen, passierte nicht sonderlich viel. Ein Paradebeispiel für die Instrumentalisierung von Kindern und Jugendlichen, um politisches Handeln, welches uns als junge Generation betrifft, zu legitimieren und das eigene Image aufzupolieren. So erstarrte die Situation nach einiger Zeit.
Unsere jungen, Partei unabhängigen Meinungen und Bestrebungen schienen für die Politik nicht wichtig genug.
Nach allen Bemühungen wurde somit klar, dass der Dialog basierende, freundliche und aufgeschlossene Weg, so sehr wir es auch versuchten, hoffnungslos sei.
Handlungsbedarf sahen wir aber dringlichst. Bis heute wurden Entscheidungen getroffen, die der Jugend in Bargteheide gänzlich schaden. So wurden in Vergangenheit die Räumlichkeiten des JuZe gedrittelt, das AJH in Container am Stadtrand gesteckt, Grundstücks Versprechungen an die Pfadfinder nicht eingehalten, die Cuzco Jugenddisco geschlossen und zentrale Orte, wie das Schulzentrum, gelten mittlerweile als „Verbotszonen“ und sind von willkürlichen Personenkontrollen der Polizei geprägt.
Die Politik ließ uns somit keine andere Wahl. Als letzten Schritt, besetzten wir die Villa Wacker. Um auf lange andauernde Missstände aufmerksam zu machen, fanden wir diese Aktion vertretbar. Wobei wir erinnern möchten, dass durch die Besetzung eines leerstehenden, nicht genutzten Gebäudes niemand zu Schaden kam. Die legalen Wege mussten von uns jedoch kurzzeitig verlassen werden, um der Dringlichkeit des Themas Ausdruck zu verleihen.
Umso erfreut sind wir nun, dass Gespräche und Verhandlungen erneut aufgenommen wurden und der Jugend endlich zugehört wird.
So soll es kommenden Generationen doch endlich möglich sein, sich politisch engagieren zu können, ohne Partei bezogene Grenzen aufgesetzt zu bekommen. Es braucht Platz für eigene Standpunkte und Entscheidungen, in einer Welt, die sich ständig verändert. Wir brauchen Orte, in welchen wir uns geschützt und unabhängig entwickeln und ausleben können. Die gesellschaftlichen Erwartungen an Jugendliche sind hoch und mit den steigenden gesellschaftlichen Umbrüchen ist es für Jugendliche noch schwerer geworden, diese Erwartungen zu erfüllen. Besonders Jugendliche aus unteren Schichten werden von der Gesellschaft abgeschrieben. Selbstverwaltete Soziale Zentren können, für von der Gesellschaft vergessene Jugendliche, oftmals wie ein Rettungsnetz dienen.
Solche Räumlichkeiten gibt es in Bargteheide zurzeit nicht. Von Erwachsenen geleitete Einrichtungen wie das JuZe oder Schulen sind dafür oftmals leider nicht geschaffen.
Entsprechend fordern wir ein Soziales Jugendkulturzentrum.
Denn ja, auch in Bargteheide kämpfen Jugendliche mit vielen Problemen. Häusliche Gewalt, Sucht, Leistungsdruck. Oftmals bestehen große Probleme mit Erziehungsberechtigten oder zum Lehrpersonal. Viele wünschen sich daher einen Raum, in dem Jugendliche Entscheidungen treffen dürfen, eine Pause vom Alltag bekommen und sich frei ihren Interessen widmen können.
Da es zu wenig solcher Räumlichkeiten gibt, ziehen sich bereits viele in soziale Gruppen zurück. Spaltungen in der Gesellschaft verschärfen sich dadurch noch schneller, dies gilt es zu verhindern. Gemeinsam entwickelte Projekte und Veranstaltungen können verschiedene Sozial- und Altersgruppen wieder vereinen. Gerne würden wir eben dies in Ko-Existenz mit anderen Organisationen in der Villa Wacker umsetzen. Voneinander lernen ist wichtig, denn insbesondere in dieser Zeit, nachdem Corona einen Keil in die Jugend getrieben hat, müssen wir uns wiederfinden dürfen.
Verbunden fühlen wir uns auch mit weiteren sozialen Kämpfen, so braucht es mehr Sozialwohnungen sowie humane Unterkünfte für Geflüchtete. Ob solche auf den leer stehenden Flächen hinter der Villa erbaut werden können, müsste eigentlich besprochen werden, nicht aber ob die Fläche für weitere, viel zu teure Wohnungen in modernen Betonklötzen herhalten soll.
Trotz oder vielleicht auch wegen der offensichtlichen Probleme in dieser Stadt, versuchen wenige Politiker*Innen uns seit der Besetzung zu diffamieren und einzuschüchtern.
Deshalb ein weiteres Mal: Wir richten uns klar gegen diskreditierende Unterstellungen der Gewaltbereitschaft, Anschuldigungen des Extremismus sowie Gerüchte der
Sachbeschädigung an städtischem Eigentum. Solche Bezichtigungen finden sich in einigen Stellungnahmen seitens der Parteien wieder und können natürlich nicht belegt werden. Die Behauptung wir haben uns aus der “Hamburger Antifa”, der “RSJ” oder aus dem Verein „Autonomes Jugendhaus Bargteheide e.V.“ entwickelt, weisen wir strikt zurück. Wir bestehen unabhängig von den gerade genannten. Und auch die absurde Idee, wir verfolgen eine von Erwachsenen geplante Verschwörung gegen bestehende Politiker*innen, dementieren wir. Alle Projekte, Aktionen, sowie Texte sind einer Kerngruppe von circa 20 Jugendlichen und ihren Freund*innen zu verdanken. Unsere antifaschistische Haltung werden wir zudem stets beibehalten. Der Versuch demokratisch, antifaschistische Gruppierungen aus unserem Unterstützer*Innen Umfeld zu diskreditieren, finden wir zutiefst besorglich.
Da wir offen für friedliche Gespräche und Verhandlungen sind, finden wir die gewählte Stimmungsmache einiger Politiker*innen sehr bedauernd. Auch die Taktik, soziale Kämpfe wie die Frage für mehr Jugendräume, die Thematik der Wohnungsknappheit und die Problematiken der Geflüchteten Unterkünfte gegenseitig ausspielen zu wollen, kannten wir bisher nur von Parteien des rechten Flügels. Genau solche Diffamierungen sind Grund, warum so viele Jugendliche das Vertrauen in die lokale Politik verlieren und sich nicht mehr öffentlich äußern. Die aktuelle Thematik lässt sie erneut fühlen, dass junge Meinungen nicht allzu gern gehört werden. Viele, die hier sitzen, haben genug von all dem und stehen trotz Drohungen mit Namen und Gesichtern für eigene Forderungen ein.
Da die Politik wenig zuerst aus der Perspektive der Jugend denkt, bitten wir die kommunale Politik, sich für Interessen Bargteheider Jugendlicher einzusetzen. Wir erwarten nicht, dass unsere Bedürfnisse vollends nachvollzogen und verstanden werden.
Doch wir erwarten, dass auf unsere Bedürfnisse gehört und Vorhaben nicht beeinträchtigt oder behindert werden.
So fordern wir sowie unser Unterstützer*Innen Kreis, dass ein Aufstellungsbeschluss für die 12. Änderung des B-Plans Nr. 3 schnellstmöglich erstellt wird. Sobald der Aufstellungsbeschluss formuliert ist, kann uns eine Nutzungsduldung ausgesprochen werden. Im Anschluss soll uns eine Befreiung in Form einer sozialen Einrichtung erteilt werden, sodass wir unser Konzept eines sozialen Jugendkulturzentrums
wie vorgestellt in der Villa umsetzen können.
Wir lassen zeitnah ein Brandschutzkonzept entwickelt, welches im Anschluss umgesetzt wird. Das nichtexistierende Brandschutzkonzept der Villa Wacker ist neben dem B-Plan Hauptursache dafür, dass uns der Zugang zum Gebäude verwehrt wird. Damit, sobald der Aufstellungsbeschluss formuliert ist, wir schnellstmöglich unser Konzept umsetzen können, muss im Vorhinein das Brandschutzkonzept erstellt und umgesetzt werden. Dies können wir durch befreundete Firmen kostengünstig übernehmen. Die Stadt müsste außerdem sanitäre Räume zeitnah ausbessern. Auch hier bieten wir unsere Arbeitskraft für kommende Sanierungsarbeiten an, um zur Kostensenkung beizutragen.
Bis zur Klärung der rechtlichen Lage bezüglich des B-Plans, fordern wir eine Duldung gleich der „Bunten Vielfalt“. Wir würden somit in die Kategorie eines nicht störenden Handwerkbetriebes fallen. Somit erhalten wir Zugang zu Lagerräumlichkeiten für Workshop-Materialien in der Villa und dürfen auf dem Außengelände
handwerklichen Tätigkeiten wie z.B. kreative Textil-, Farb-, und Graffitiworkshops nachgehen. Wir fordern zudem, wie auch ehemals Tohus, Rückzugsräumlichkeiten, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind. Dadurch können entsprechende Planungen für Workshops erarbeitet und die Finalisierung unseres Konzeptes ausgearbeitet werden. Diese dienen lediglich dem (künftigen) Verein und sind nicht öffentlich.
Die Rolle als Vertragspartner*Innen sowie rechtlich und versicherungstragende Verantwortliche können Volljährige Mitglieder*Innen unseres
zeitnah eingetragenen Vereins bilden.